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Samstag, 7. September 2013

Jetzt reicht es!


 
Mittwoch früh brechen wir um 4:30 Uhr in Richtung des 250 km entfernten Bouar auf. Hier treffen wir von Caritas und Justitia et Pax uns am Nachmittag, weil es ein sehr großes Problem gibt: seit dem 16. August haben in Bohong Übergriffe stattgefunden. Es gab mindestens 30 Tote und es wurden mehr als 2000 Häuser zerstört, die niedergebrannt wurden, um die Bevölkerung am Bleiben zu hindern. Wir hören das Zeugnis eines Priesters,  Abbé Michel, der, genauso wie die Ordensschwestern, fliehen musste. Ein Teil der Einwohner ist ins 80 km entfernte Bouar geflohen, andere sind in Lagern rund um Bohong geblieben.
 
Am Abend trifft der Erzbischof von Bangui ein, der der Vorsitzende der Bischofskonferenz und Präsident der Caritas ist. Seine Anwesenheit ist sehr wichtig, um die Menschen zu ermutigen und zu trösten, aber auch, um das, was geschieht, anzuklagen.
 
Donnerstagmorgen Aufbruch um 6 Uhr. In Forte, 20 km von Bohong entfernt, beginnt die kritische Zone: Es gibt Hunderte von verbrannten Häusern. Dann kommt Ndakaya und schließlich erreichen wir Bohong. Während ich darauf warte, dass die ganze Delegation eintrifft, mache ich einen Rundgang und werfe einen Blick auf den Ort. Dort liegen noch zurückgelassene Skelette und Schädel herum.
Als der Erzbischof eintrifft, wird die Menschenmenge größer. Wir versammeln uns in der Kirche, gemeinsam mit der protestantischen Gemeinde (die hier ein kleines Krankenhaus hat, das ebenfalls geplündert wurde). Das Kirchlein platzt aus allen Nähten. Wir beginnen mit der Feier der Messe, und viele nehmen daran teil. Sofort danach lassen wir den Leuten das Wort, und sie sprechen mutig. Es ist erschütternd, den Frauen zuzuhören, die ihren Mann verloren haben, den Vätern, die gesehen haben, wie ihr eigener Sohn getötet wurde. Man sieht Schmerz, aber keine Wut. Einer von ihnen sagt: „Aber sind nicht auch wir Zentralafrikaner?“ Ein anderer sagt: „Wir sind Sklaven“…
 
Tausende von Häusern wurden niedergebrannt. Alles, was die Menschen hatten, ist verloren. Was Sorge bereitet, ist der Bruch, der sich zwischen der muslimischen Gemeinschaft und den anderen gebildet hat. Kein muslimisches Haus ist niedergebrannt worden… Außerdem hatten einige Jugendliche aus dem Ort den Rebellen das Haus des einen oder anderen gezeigt, die Krankenstation, die Klinik…
 
Der Wiederaufbau wird viel Zeit brauchen, aber noch viel mehr Zeit wird es kosten, wieder ein unbeschwertes Zusammenleben zu erreichen…
 
Als die Versammlung zu Ende ist, bleibe ich mit den Dorfvorstehern in der Kirche, um eine Sammlung von Daten über die niedergebrannten Häusern und die Opfer zu organisieren, um schnell tätig werden zu können.
 
Der Erzbischof und die Delegation brechen gemeinsam auf. Ich stoße später dazu, als die Versammlung schon angefangen hat.  So viele Leute sind da. Bei meiner Ankunft höre ich, dass Arabisch gesprochen wird, und mit gedämpfter Stimme (aber so, dass man es in einem Umkreis von mindestens 30 Metern hören kann) frage ich, ob wir in Zentralafrika sind oder wo…  Der Sprecher ist der Anführer der Rebellen. Der Dolmetscher übersetzt das, was er gesagt hat: „Hier ist alles ruhig, wir haben niemandem etwas Böses getan, es ist nichts passiert“…
 
Der Bürgermeister sagt, dass die Leute ins Dorf zurückkehren sollen- was passiert ist, ist passiert und so weiter. Der Generalvikar der Diözese, Abbé Mirek, anwortet: „Wohin zurückkehren? Alle Häuser sind niedergebrannt worden!!!“ Und hier applaudieren die Leute stark.
 
Nach der Versammlung gehen wir das lutheranische Krankenhaus anschauen. Hier gibt es auch eine Entbindungsstation. Auch hier sind die Rebellen eingedrungen und haben geschossen (in einem Krankenhaus!) und Medikamente, ein Mikroskop, Solarpaneelen, Motorräder und den Motor eines Autos geraubt.
 
 
Wir machen uns mit großem Schmerz wieder auf den Weg. Wie viele Bohongs gibt es? Wieviele Dörfer haben das gleiche Schicksal erlitten? Und wann wird alles das ein Ende haben?
 
















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