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Freitag, 24. Januar 2014

Und weiter geht’s!











Seitdem die Seleka-Rebellen weg sind, schlagen wir uns nun mit den Anti-Balaka herum!
Es vergeht kein Tag ohne Diskussionen oder ohne ein Treffen mit der Bevölkerung und den Anti-Balaka. Sie sollen zur Vernunft gebracht werden und  mit den Gewalttaten, den Diebstählen und den Einschüchterungen aufhören. Der Staat existiert nicht und es ist schwer, alle ruhig zu halten. 
Ich bin sehr besorgt wegen der Moslems und der Fulbe, die ihre Häuser verlassen mussten, weil sie von den Anti-Balaka bedroht wurden. Sie haben praktisch alles durch die Plünderungen verloren. Wir versuchen, sie zu unterstützen und zu ermutigen und versorgen sie unaufhörlich mit Wasser und Reis.
Der Weg des Friedens ist lang und schwierig. Ich sage oft, dass er wie ein Neugeborenes ist, das viel Aufmerksamkeit braucht!
 Samstag, 18. Januar 2014
Ein ziemlich ruhiger Tag. Treffen mit der MISCA, OCHA, HCR und anderen.
Um 9.30 Uhr findet ein Treffen mit den Moslems statt, um festzustellen, ob sie aufbrechen oder bleiben wollen und ob sie bereit sind, die Waffen niederzulegen…
Um 16 Uhr ein Treffen mit den Anti-Balaka…es fällt aus, weil sie nicht erschienen sind.
Gegen 21 Uhr Schüsse (wohl von Plünderern)
 Sonntag, 19.Januar 2014
Gegen 7 Uhr morgens fahre ich in das arabische Viertel, um den ungefähr 1000 Moslems, die dort Zuflucht gesucht haben, Wasser zu bringen.
Ich kehre zu Fuß zurück, um die Lage in Augenschein zu nehmen. Nach der Messe gehe ich wieder in die Stadt zu einem Treffen und gehe, nachdem ich den Markt gesehen habe (er war mehr als einen Monat geschlossen und ist endlich geöffnet) wieder ins arabische Viertel. Gegen Mittag bin ich mit mehr Wasser zurück und werde einige Runden hin und her machen.
Die Situation bleibt angespannt: Viele Anti-Balaka haben eine Armbinde umgemacht, als ob sie lange in der Stadt bleiben wollten. Aber wozu?
Es gab auch Fälle von Raub und eine Vergewaltigung. Wir sind sehr besorgt, weil viele Waffen im Umlauf sind  und weil es den Anti-Balaka wahrscheinlich gelungen ist, ihre Kalaschnikows zurückzubekommen.
Montag, 20.Januar 2014
Ein Tag mit großem Durcheinander. Viel Bewegung in der Stadt, viele Anti-Balaka kehren mit Waffen in die Stadt zurück und es bedeutet viel Arbeit, sie zu entwaffnen und sie dazu zu bringen, außerhalb zu bleiben. Am Vormittag treffen wir uns mit ihnen, aber sie schaffen es nicht, sich darauf zu einigen, wer und wie viele von ihnen daran teilnehmen sollen.
Schließlich treffen wir uns um 14 Uhr wieder, wir hören zu und arbeiten Punkte aus, die respektiert werden sollen, damit der Frieden in die Stadt zurückkehrt. Gegen 15 Uhr erreicht uns mitten in der Versammlung die Nachricht, dass eine Frau zur Präsidentin der Zentralafrikanischen Republik gewählt wurde. Diese Nachricht wurde gut aufgenommen.
Gegen 20.30 Uhr gibt es mehrere Schüsse in der Stadt. Vielleicht schießt die MISCA in die Luft, um Diebe und Anti-Balaka-Mitglieder abzuwehren.
 Dienstag, 21. Januar 2014
Endlich ein Tag ohne allzu große Probleme.
Am Vormittag kommt die Ablösung der kamerunensischen Soldaten der MISCA an.
Bozoum bekommt auch Besuch von einer Delegation der UNO: OCHA, WFP, Unicef, HCR, usw.
Aber sie könnten effektiver sein und mehr reagieren.
Am Nachmittag erhalten wir die Nachricht, dass die Seleka von Bouar abgezogen ist. Das Problem ist, dass sie sich nach Norden wendet. Ihre Ankunft in Bocaranga ist eine einzige Katastrophe!
Hier das Zeugnis der Missionare von Bocaranga:
Unsere Missionsstation in Bocaranga ist in der Hand der Seleka-Rebellen, die Bouar gestern Abend verlassen haben, um in den Tschad zu ziehen.  Von allen Seiten schießen sie mit schweren Waffen. Aus den Nachrichten, die wir von Pater Cyprian erhalten haben, haben wir erfahren, dass sie wie verrückt geschossen, geschossen, geschossen haben.
Es gibt Löcher in den Wänden des Klosters. Sie haben alle Autos der Patres und Schwestern gestohlen, auch Geld, Computer, Telefone, Fotoapparate…
Es war schrecklich! Eine Frau, die zu uns geflohen ist, ist tot, und Pater Nestor ist an einem Arm verletzt. Ich wurde darüber informiert, dass die Kolonne dieser Mörder Richtung Ndim und Ngaoundaye zieht. Wir haben die Brüder dort gewarnt und ihnen gesagt, dass sie einige Vorkehrungen treffen sollten. In diesem Augenblick schießen die Seleka-Rebellen noch in Ngaoundaye.
Gegen 21 Uhr sind hier in Bozoum noch Schüsse zu hören. Wir möchten wissen, ob es Schüsse der MISCA sind, um die Anti-Balaka einzuschüchtern.
Mittwoch und Donnerstag, 22. und 23. Januar 2014
In diesen zwei Tagen gab es praktisch keine Schüsse (es waren nicht einmal 20). Könnte das der Anfang einer Zeit der Ruhe sein?
Wir fahren mit den Treffen, mit der Sensibilisierung der Anti-Balaka und der Bevölkerung fort. Ich besuche mehrmals am Tag die Moslems und die Fulbe, die zurückgeblieben sind. Viele haben wegen der Plünderungen in den letzten Tagen fast alles verloren. Es sind 2500 verängstigte Personen, die gezwungen sind, unter sehr harten Bedingungen zusammenzuleben. Jeden Tag bringe ich Trinkwasser und ungefähr 250 kg Reis, den ich von den Bauern kaufe (die Rationen des Welternährungs-Programms sind seit einem Monat zu Ende).
Mit OCHA und UNHCR gehe ich jeden Tag in die Dörfer, die von der Seleka verbrannt wurden. Wir fahren nach Bossangoa, Paoua-Bocaranga und Bouar. Die Anti-Balaka beginnen, in ihre Dörfer zurückzukehren, und die Menschen, die in die Wälder geflohen sind, kehren in ihre Häuser zurück, von denen viele niedergebrannt sind. Wir haben mindestens 1357 verbrannte Häuser. 6000 Menschen sind davon betroffen.
In einigen Dörfern sind die Schulen wieder geöffnet, aber Schüler gehen nur in unsere Schulen in der Missionsstation. Aber die anderen werden folgen.
 Freitag, 24. Januar 2014
Die Nacht verläuft ruhig.
Es laufen noch einige Anti-Balaka herum, die verlangen, dass alle Moslems weggehen sollen…
Jedenfalls versuchen wir weiterhin beharrlich, die Menschen zu beruhigen und Schritte nach vorn zu machen.
Gegen 8.30 Uhr fahre ich 7 km nach Bata, wo sich eine Bibelschule der Brüder für Pastoren der evangelischen Kirche befindet. Ich bringe 450 kg Reis. Eine Gruppe von Frauen beginnt, vor Freude zu singen und zu tanzen, als sie das Auto sehen.
Ich treffe weiterhin  die Anti-Balaka und bitte sie, nach Hause zurückzukehren und ruhig zu bleiben.
Da die Seleka abgezogen ist, ist ihre Anwesenheit in der Stadt sinnlos.
Andererseits gibt es viele Dörfer, die von der Seleka in Brand gesteckt wurden, und mehr als 1300 Häuser müssen wieder aufgebaut werden.
 




la riapertura del mercato
la reprise du marché


Il bambino ha 7 mesi!!!
l'enfant a 7 mois!!!

la scuola... a Badali 2
l'école... à Badali 2







Samstag, 18. Januar 2014

Tage der Hochspannung




Samstag, 11. Januar 2014
Gestern sind einige Seleka-Mitglieder und viele Moslems in einem Konvoi nach Bangui aufgebrochen, aber die Anti-Balaka haben sie angegriffen. Immerhin hatten die Seleka-Rebellen am Tag zuvor mindestens 700 ihrer Häuser in Brand gesteckt. Es gibt Tote und Verwundete, und ich beschließe hinzugehen, um mir alles anzusehen.
Am Vormittag treffe ich den Imam, um ihm meine Absicht, die Toten und Verletzten zu bergen, darzulegen, aber auch, um bei der Reflexion über die Situation behilflich zu sein.
Um 14 Uhr breche ich mit dem Roten Kreuz auf. Die Straße ist gefährlich, weil die Anti-Balaka beständig anwesend ist. In Bokongo (14 km entfernt) hat die Seleka 70 Häuser angezündet. Nach 20 km stoßen wir auf eine verbrannte Brücke und fahren auf die Seite, aber nachdem wir das Auto angehalten haben, ging die Antriebswelle kaputt…Es gelingt mir, Joseph, unseren Mechaniker, anzurufen, und während wir darauf warten, dass er kommt, gehen wir zu Fuß 5 km. Hier, im Dorf Boyabane, wurden vier Menschen getötet: Die Seleka-Rebellen kamen in der Uniform der Polizei, täuschten die Menschen, indem sie sagten, sie könnten ruhig kommen, und haben sie dann erschossen.
Hier wurden 220 Häuser verbrannt, und sie berichten uns, dass es andere Dörfer an der Straße gebe, wo mindestens 600 Häuser in Brand gesteckt wurden (Bombalou, Boyala, Boyaram). Also hat die Seleka  insgesamt  zwischen dieser Straße und der anderen nach Paoua am 8. und 9. Januar (auf Befehl des stellvertretenden Polizeidirektors (!!!), „General“ Rakis Adoum) mehr als 1300 Häuser verbrannt und mindestens ein Dutzend Menschen getötet. So etwas bei diesen Spannungen zu tun grenzt an Selbstmord! Bei der Rückkehr (Joseph hat das Auto repariert) nehme ich drei Verletzte mit. Kurz darauf finden wir in einem Dorf viele muslimische Frauen vor: Die christlichen Dorfbewohner haben sie beschützt und ich nehme sie alle mit ihren Kindern mit. Um 18.30 Uhr erreiche ich Bozoum.
 Sonntag, 12. Januar 2014
Es verbreitet sich die Nachricht, dass ein Konvoi von Lastwagen aus dem Tschad kommen soll, um Zivilisten, die Bozoum verlassen wollen, mitzunehmen.
Gegen 13 Uhr bittet mich die MISCA von Paoua, zu den Anti-Balaka zu gehen und sie zu bitten, nicht anzugreifen.
Wir denken, dass auch die Seleka die Gelegenheit nutzen wird, nach der Entwaffnung abzuziehen. Diese Lösung würde die Situation beruhigen, weil wir hoffen, dass die Anti-Balaka trotz allem ( und vor allem trotz der 1300 niedergebrannten Häuser!) die Waffen niederlegen und in ihre Dörfer zurückkehren. Der Chef der Sangaris von Bossangoa ist der gleichen Meinung.
Gegen 15 Uhr besuche ich Oberst Yahaya, der verletzt und bettlägerig ist. Er ist sehr schwach; ich erkläre ihm die Lösung: Niederlegung der Waffen und eskortierter Abzug in den Tschad oder nach Bangui. Es gibt eine sehr angeregte Diskussion mit einigen seiner Leute; schließlich brechen wir in der Hoffnung auf, dass sie über diese Möglichkeit, die ihr eigenes Leben, das der Moslems und der Fulbe und das der Stadt Bozoum  retten könnte, nachdenken und sie annehmen.
Wenn sie nicht zustimmen, werden die Anti-Balaka weiterhin kämpfen.
Nach dieser Versammlung treffen wir uns mit zwei Verantwortlichen der muslimischen Gemeinde und erläutern die Fakten.
 Montag, 13. Januar 2014
 Heute sollte ein Konvoi aufbrechen, der von der MISCA, der multinationalen afrikanischen Truppe, und der Armee aus dem Tschad eskortiert wird. Es gab die Vereinbarung, zusammen die Seleka zu entwaffnen und zum Abzug zu bringen. Um 13 Uhr kommen mir Zweifel und ich gehe nachsehen; der Konvoi war fertig zum Aufbruch, ohne die Seleka, und es würde keinen Schutz in der Stadt geben…
Ich habe gesagt, dass es unmöglich sei, eine Stadt in der Hand der Seleka-Rebellen zu lassen, die Rache nehmen würden.
Wir gehen ins Zentrum und versuchen zu diskutieren. Aber viele Moslems waren dagegen, dass die Seleka abzieht, und sie drohten mir und fingen an, Steine auf das Auto zu werfen. Einige kamen mit Waffen, aber einige Moslems haben mich auch verteidigt.
Schließlich entschieden sie, einige Soldaten der FOMAC hier zu lassen, und dann brach der Konvoi auf.
Ich fuhr 20 km vor ihnen her, um die Anti-Balaka zu bitten, den Konvoi nicht anzugreifen.
Der Konvoi bestand aus 50 Lastwagen und Autos und 100 Motorrädern.
Gegen 15 Uhr, als ich noch in der Stadt war, haben die Soldaten ein paar Mal in die Luft geschossen, um die Menschen zu vertreiben. Es ging das Gerücht, dass ich getötet worden sei.
Als ich dann gegen 18.15 Uhr zurückkehrte, schien der Messias gekommen zu sein. Die Menschen schreien und breiten ihre Kleidung auf der Erde vor meinem Auto aus…unvorstellbar!
Als ich ein wenig zur Ruhe gekommen war, sprach ich ein Dankgebet und wir beteten ein Ave Maria für jene, die im Dorf waren, für die, die Gutes tun, und auch für die, die Böses tun.
Dienstag, 14. Januar 2014
Eine ruhige Nacht. Die erste Nacht ohne Seleka in Bozoum: Alle sind mit dem Konvoi Richtung Tschad aufgebrochen, und in Paoua  wurden sie von der Misca entwaffnet.
Die Misca (die Streitkräfte der Länder Zentralafrikas) hat die ganze Nacht lang in der Stadt patrouilliert, aber um 13 Uhr sind sie nach Paoua aufgebrochen und haben die Stadt ohne Schutz zurückgelassen. Wir hoffen, dass es keine Probleme gibt. Morgen sollen sie zurückkehren.
Um 8.30 Uhr brechen wir nach Bossangoa auf. Mehrere Häuser wurden in der letzten Woche von den Seleka niedergebrannt. Hier sind keine Anti-Balaka, aber wir treffen die Menschen, die in der Bibelschule der evangelischen Kirche bei den Brüdern Zuflucht gefunden haben. Eine kleine Versammlung, in der wir den Abzug der Seleka und die Möglichkeit, in ein bis zwei Tagen nach Hause zurückzukehren, verkünden.
Ich bringe auch 240 kg Reis für die 750 Evakuierten.
Dann nehmen wir die Straße nach Bangui und treffen zwei große Gruppen Anti-Balaka, denen wir vom Abzug der Seleka berichten. Wir legen ein Treffen zwischen der Anti-Balaka, der Misca und dem Komitee für Versöhnung für Mittwochnachmittag fest.
Um 16 Uhr fahre ich auf der Straße Bocaranga-Paoua und treffe einige hundert Anti-Balaka. Wir diskutieren lange und werden uns morgen früh wieder treffen. Der Zweck dieser Treffen ist es, den Abzug der Seleka zu erklären, sie zu beruhigen und sie dazu zu überreden, in ihre Dörfer zurückzukehren und die Waffen niederzulegen.
 Mittwoch und Donnerstag, 15. und 16. Januar 2014
 Am Mittwochmorgen trifft nach einer Versammlung des Vermittlungsausschusses mit den Anti-Balaka der Zone Nord von Bozoum eine Mission der OCHA ( Büro für die Koordinierung der Vereinten Nationen) und der UNHCR (UN-Hochkommissariat für die Flüchtlinge) zusammen mit einigen Journalisten der BBC ein. Am Nachmittag fahren wir zusammen auf der Straße Richtung Bangui, um die Anti-Balaka zu treffen. Mit dabei ist der Katechet Jerome, der von der Seleka verhaftet und am letzten Freitag freigelassen worden war.
Eine lange Versammlung, in der wir, wie auch anderswo, versuchen, die Botschaft des Friedens zu verkünden und dazu einzuladen, zur Normalität zurückzukehren.
Aber es ist nicht offensichtlich: Um 20 Uhr sehe ich einige Anti-Balaka bewaffnet auf dem Gelände der Missionsstation zwischen den Flüchtlingen herumlaufen. Ich nehme einigen von ihnen die Waffen weg und sage ihnen, dass sie nicht bewaffnet in die Stadt kommen sollen.
Um 9 Uhr fahren wir nach Bossangoa, aber bei der Rückkehr treffen  wir in der Stadt auf einige bewaffnete Anti-Balaka. Wir fordern sie auf, die Stadt zu verlassen, aber mit nur 11 Soldaten der Misca ist das nicht einfach. Am Nachmittag sehen wir Plünderungen und Gewalttaten von Seiten der Anti-Balaka, die  vor allem die muslimische Gemeinde oder diejenigen, die mit der Seleka sympathisierten, betreffen.
Wir hielten eine Krisensitzung ab und beschlossen eine Ausgangssperre von 20 Uhr bis 5 Uhr.
Nach der Versammlung treffe ich die Moslems, die sehr viel Angst haben, und wir versuchen, sie zu beruhigen. Ich gehe zu Fuß nach Hause und spreche alle Bewaffneten an: entweder sie machen kehrt oder sie trennen sich von den Waffen. Um 20 Uhr kehre ich in die Stadt zurück; die Situation scheint ruhiger zu sein. Es ist klar, dass wir eine militärische Macht brauchen, die mehr Bedeutung hat. Die Misca hat hier nur 11 Soldaten zurückgelassen. Das ist nicht genug, um die Sicherheit zu gewährleisten und die Entwaffnung, die unbedingt nötig ist, zu beginnen.
Freitag, 17. Januar 2014
 Ein Tag voller Durcheinander. Am Vormittag scheint die Situation unter Kontrolle zu sein.
Die Misca wurde mit 12 Mann und einem Panzerwagen verstärkt. Sie haben zwei Kontrollpunkte in der Stadtmitte  errichtet und zunächst klappt es. Die Menschen werden kontrolliert und entwaffnet. Aber die Soldaten nehmen auch die Gri-Gris, die Amulette der Anti-Balaka weg, und das macht sie wütend. Die Situation verschärft sich zusehends.
Ich laufe den ganzen Morgen von rechts nach links, nehme Waffen weg, gebe Rat usw. Gegen 10 Uhr versucht eine große Gruppe in die Stadt zu kommen, aber nach langer Diskussion scheint sie sich zurückzuziehen. Ich kehre zur Missionsstation zurück, aber diese Gruppe hat die Straße zur Stadt genommen. Sie fanden Schusswaffen und fingen an, auf die Misca zu schießen. Die Reaktion erfolgte prompt, mit Schüssen in die Luft.
Um 14.30 Uhr gehe ich zurück, um mir die Situation anzusehen. Es scheint ruhiger zu sein. Um 15.30 Uhr treffen wir uns mit den Anti-Balaka. Das Treffen scheint zu funktionieren. Wir bringen unsere Besorgnis wegen der Situation zum Ausdruck, wegen der Spannung, wegen der Plünderungen (es wurden mindestens 60 Geschäfte geplündert) und der Gewalttaten. Es gab mindestens fünf Verletzte, einer von ihnen ist schwer verletzt.
Wir hören ihre Meinung an und fordern sie auf, Gewalttäter und Diebe auszuschließen. Wir versuchen, sie an der Aufrechterhaltung der Ordnung zu beteiligen.
Morgen werden wir am Nachmittag versuchen, einen Zeitplan aufzustellen und uns über die Bedingungen zu einigen, um Gewalt und Plünderungen zu beenden.
Es ist nicht einfach: Am Abend um 21 Uhr rufen sie mich wegen eines Raubüberfalls. Trotz der Sperrstunde und der Treffen fand ich drei bewaffnete junge Männer vor und  nahm ihnen ein Gewehr ab.











Samstag, 11. Januar 2014

Wenn die erste Woche im neuen Jahr so aussieht...






Montag und Dienstag, 6.und 7. Januar 2014
 
Zwei ziemlich ruhige Tage. Ich gehe in die Stadt hinunter, um den Imam zu begrüßen und in den nördlichen Stadtteilen nach dem Rechten zu sehen, wo einige Fulbe (mit Hilfe der Seleka, gegen die Anti-Balaka) einige Häuser angezündet haben, weil sie vermuteten, dass sich dort  Anti-Balaka aufhalten könnten.
Die Stadtteile sind leer… seltsam leer. Wir sehen mindestens 20 Häuser, die nach dem Angriff vom Sonntag angezündet worden waren. Die Zusammenstöße zwischen der Anti-Balaka und der Seleka haben seit dem 6. Dezember mindestens 100 Tote zur Folge gehabt, wie es das Rote Kreuz bestätigt.
Letzte Nacht ist ein kleines Kind von zwei Jahren gestorben, vermutlich an Malaria.
 
Mittwoch, 8. Januar 2014
 
Ich muss 300 Liter Diesel für die Orange-Antenne besorgen und fahre dazu nach Paoua.
Ich nutze dies als Vorwand, um am Nachmittag zu den Anti-Balaka außerhalb der Stadt zu gehen. Sie sind sehr zahlreich (mindestens 400 nur auf diesem Posten) und werden zunehmend nervöser.
Ich stelle die Probleme vor:  die Öffnung der Schulen, die seit einem Monat geschlossen sind, und die Nahrungsversorgung  der Stadt  (alle Wochenmärkte, wo die Menschen die Produkte kaufen,  sind geschlossen). Aber es ist immer dieselbe alte Leier: Die Seleka und die Moslems brauchen nur die Waffen niederzulegen…die Seleka braucht nur abzuziehen…
Sie sagen, wenn das einmal erreicht sei, würden sie vom Krieg ablassen und friedlich in ihre Dörfer zurückkehren.
Gegen 18.30 Uhr fangen sie an, in der Stadt zu schießen, aber wir wissen nicht genau, was los ist. Sehr viele Schüsse und Freudenschreie der muslimischen Bevölkerung sind zu hören. Wir erfahren, dass ein General der Seleka  von  Bangui gekommen ist, um  das Kontingent in Bozoum  zu verstärken. Es handelt sich um sechs bis zehn Autos und eine entsprechende Anzahl von Rebellen.
Kein Kommentar!
 
Donnerstag, 9. Januar 2014
 
Eine Nacht ohne Schüsse!
Am Vormittag gehe ich zum Krankenhaus, und während ich dort bin, geht eine Gruppe von 50 Fulbe, die mit Macheten, Pfeil und Bogen und auch mit drei oder vier Kalachnikovs bewaffnet sind, über den Hof.
Sie gehen zum Fluss Ougham, wo die Seleka am Tag zuvor angekommen ist. Letztere sind vor einer Stunde aufgebrochen, um die Straße zu räumen und die Anti-Balaka zu vertreiben.
Trotz der Entfernung hören wir viele Schüsse und  gegen Mittag steigt viel Rauch in jener Richtung auf: Wahrscheinlich hat die Seleka ein Dorf oder mehrere  in Brand gesteckt.
Um 17.30 Uhr kommen die neuen Seleka-Rebellen an. Es sind ein Polizeidirektor (!!!)  und andere Seleka-Rebellen (einige aus Zentralafrika, andere aus dem Tschad).  Wir treffen uns mit ihm und seinen Männern. Viele Flüchtlinge sind dabei. Er will, dass die Leute in die Stadt zurückkehren. Wir hören zu, und dann ergreife ich das Wort.  Ich sage ihm, dass die 3000 Menschen, die in der Missionsstation Zuflucht gesucht haben, nach mehr als einem Monat müde sind. Meinetwegen könnten sie sofort aufbrechen, aber es gibt ein Sicherheitsbedürfnis. Die Menschen sind den Aktionen der Seleka und ihrer Rache ausgesetzt; sie haben Angst  vor den Waffen der Moslems und der Fulbe.
Ein Mann und eine Frau ergreifen das Wort und sie sprechen über  ihre Befürchtungen und ihre Angst, zurückzukehren,  weil sie den Seleka-Rebellen ausgeliefert seien.
Nach einem guten Austausch beschließen wir, uns morgen Vormittag wieder zu treffen, weil sie aufbrechen mussten.
Wir haben es immerhin geschafft zu sprechen, und ich habe auch ein Seleka-Mitglied wütend gemacht, der den Leuten mit dem Maschinengewehr drohte, um sie auf Distanz zu halten. Ich habe ihm gesagt, er solle damit aufhören,  weil ich in meinem Haus so ein Verhalten nicht erlaube.  Während der ganzen Sitzung hat er mich schief angesehen!
Aber wie viele werden bleiben? Und wenn sie gehen, werden die Anti-Balakazurückkehren?
Schließlich haben die Menschen kein Vertrauen  und wollen nicht nach Hause zurückkehren, solange die Seleka da ist.
 
 Freitag 10. Januar 2014
 
 7.30 Uhr: Wir haben uns alle pünktlich versammelt…aber nach einer Stunde ist noch niemand von der Seleka eingetroffen, und wir gehen wieder.
Gegen 9 Uhr kommen der Imam und die Seleka an und wir beginnen mit der Versammlung.  Der Chef der  Gesandtschaft, der „General“ der Polizei (!), Adoum Rakis, sagte, dass er des Friedens wegen gekommen sei,  dass er für alle da sei, dass die Regierung wegen Bozoum sehr besorgt sei, dass die Menschen nach Hause gehen müssten, bla bla bla bla.
Die Menschen sprechen und fragen ihn, ob er garantieren könne, dass sie nach ihrer Rückkehr nicht von den Seleka-Rebellen belästigt und bedroht werden. Sie fragen ihn auch, warum sie nicht die Moslems und Fulbe, die Kriegswaffen hätten, entwaffnen. Der „ General“ sagt, dass er schon eine Liste mit zwei Personen, die eine Kalaschnikov  besäßen, habe. Wir haben hingegen eine Liste mit den Namen von mindestens 55 Personen!
Ich erinnere die befreundeten Moslems, die Fulbe und die Seleka-Mitglieder daran, dass das Problem nicht die Anti-Balaka, sondern die Seleka ist:  Wenn die Seleka sich davonmache, würde die Anti-Balaka wahrscheinlich die Waffen niederlegen und in ihre Dörfer zurückkehren.
Wir erwähnen immer wieder die Übergriffe und schließlich auch, dass die Seleka Ngaina Jerome, einen Katecheten, am Mittwoch verhaftet und gefoltert hat und der kurz davor stand, getötet zu werden: Ihm wurde vorgeworfen, ein Anti-Balaka-Mitglied  zu sein.
Sie lassen ihn als Zeichen der Menschlichkeit frei. (Leider scheinen die Rebellen der Seleka sich in den Dörfern mit den Insignien der multinationalen afrikanischen Truppe, der FOMAC, präsentiert und so die Menschen verwirrt zu haben).
Nach der langen Versammlung erreicht uns die Nachricht von der Abdankung des Präsidenten Michel Djotodjia und des Premierministers. Die Menschen sind zurückhaltend, aber es kommt immerhin ein bisschen Freude auf.
Um 15 Uhr gehe ich mit dem Roten Kreuz los, um die Dörfer am Ortsausgang von Bozoum an den Straßen nach Bocaranga und Paoua in Augenschein zu nehmen, wo gestern gekämpft wurde. Glücklicherweise gab es dabei nicht viele Tote, aber die Seleka hat sich gerächt und hat in den Dörfern Pont Ouham, Doussa, Camp 5 und Boyele 440 Häuser (von 520) in Brand gesteckt.
Wie traurig ist es, die abgebrannten Häuser und die zerstörte Ernte zu sehen!
Einzigartig ist hingegen dies: In Boyele hat ein Katechet sein Haus mit einem Schloss und einem Rosenkranz verschlossen. Die Seleka hat nicht gewagt, Feuer zu legen oder die Türen aufzubrechen!
Wenn alles gut geht, werde ich morgen die von der Seleka niedergebrannten Dörfer an der Straße nach Bangui ansehen.







Sonntag, 5. Januar 2014

Ein Monat „Flüchtlinge“




 
 
Schon ein Monat ist vergangen! Schon seit dem 6. Dezember leben wir mit 3000 Flüchtlingen in unserem Haus!
Die Tage vergehen, und alle normalen Aktivitäten verändern sich: die Schule, die Mahlzeiten, das Leben selbst!
Die Menschen passen sich an, auch wenn Augenblicke der Angst ( wenn die Schüsse allzu nahe sind) und der Spannung nicht fehlen. Aber wir machen weiter, auch dank der Sympathie und der Gebete von so vielen! DANKE!
 
Dienstag, 31. Dezember
 
 Am Morgen Schüsse überall in der Stadt, bis 13 Uhr.
Die Seleka hat versucht, die Anti-Balaka im Dorf Bata anzugreifen, das 7 km weit entfernt auf der Straße nach Bossangoa liegt.
Aber die Anti-Balaka ist versprengt und die Seleka hat den Feind nicht gefunden, also haben sie sich an Zivilisten gehalten und haben die xte Plünderung verübt (Matratzen, Motorrad usw.). Dabei wurden 4 oder 5 Zivilisten getötet (darunter eine Frau).
Bei der Rückkehr nach Bozoum schoss die Seleka in die Luft und die Anti-Balaka, die in der Nähe der Stadt war, versuchte anzugreifen. Schwerwiegend ist, dass die Anti-Balaka in das Krankenhaus ging und dem Personal drohte, weil sie hoffte, verletzte Seleka-Mitglieder zu finden und zu töten. Die Seleka kam dorthin, und auf dem Gelände des Krankenhauses kam es zu Gefechten.
Drei Dinge sind zu beachten:
1.) Der Angriffsversuch der Seleka mit den Morden an den Zivilisten wird  nur dazu dienen, die Anti-Balaka weiter anzustacheln, noch gefährlicher zu werden und noch weniger Respekt vor der Zivilbevölkerung zu haben (besonders vor den Moslems und den Fulbe)
2.) Oberst Yahaya (einer der wenigen Seleka-Mitglieder, mit denen man über das Wohl der Bevölkerung sprechen kann) wurde verletzt.
3.) Das Klinikpersonal kann nicht mehr im Krankenhaus bleiben und seine Arbeit ausüben.
 
Was werden wir tun?
 
Mittwoch, 1. Januar 2014
 
Tagsüber war es ziemlich ruhig. Die Menschen, die in die Missionsstation geflohen sind (mindestens 3000 Personen), wünschen sich ein gutes Neues Jahr, aber ohne allzu große Überzeugung.
 
 Donnerstag, 2. Januar 2014
 
Gegen 10 Uhr einige Schüsse in der Stadt: Die Seleka hat einen jungen Mann in der Stadt getötet, der der Spionage beschuldigt worden war.
 
 
Freitag und Samstag, 3. und 4. Januar
 
Seltsam ruhige Tage…
Am Samstagnachmittag breche ich mit einigen Leuten vom Roten Kreuz, einer Krankenschwester des Krankenhauses ( die von der Anti-Balaka am 31. Dezember bedroht worden war), einem Pastor und einem Lehrer auf, um die Anti-Balaka zu treffen.
Wir kommen im Dorf an, und es sind viele. Sie scheinen noch sehr nervös zu sein (es scheint, dass einer ihrer Anführer am 31. 12. getötet wurde). Sie beschimpfen uns ein bisschen, aber nicht zu sehr…Diesmal lassen sie uns Platz nehmen und die Gründe für unser Kommen erklären: Wir erheben die Stimme, um es zu verurteilen, dass die Anti-Balaka während des Angriffs am 31. Dezember das Krankenhaus betreten, das Personal zu bedroht und die Örtlichkeiten durchsucht hat.
Der Anführer stimmt dem zu, was wir sagen, aber einige Anhänger sind sehr unruhig und bringen absurde Gründe vor…
Nach einer Stunde Diskussion brechen wir auf und ich hoffe, dass das Krankenhaus beim nächsten Angriff verschont bleibt…
 
Sonntag, 5. Januar
 
Der Tag beginnt mit einem bösen Aufwachen: Schüsse von 6.30 Uhr bis 8 Uhr.
Dann ein bisschen Ruhe. Für wie lange?