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Sonntag, 11. August 2013

Eine schwere Woche






Eine schwere Woche
Ein Sonntag im August… Hier in Zentralafrika sind wir mitten in der Regenzeit, der Zeit der Feldarbeit. Viele Familien wohnen dann  auf den Feldern, um dem Anbau von Erdnüssen, Mais, Hirse, Sesam, Maniok und Reis nachzukommen  – und sie kehren nur samstags und sonntags für eine kurze Ruhepause in ihre Dörfer zurück.
Letzten Sonntag kam nach der Messe ein Hilfskatechet aus dem Dorf Bossa und brachte schlechte Nachrichten. Die Séléka-Rebellen waren gekommen und hatten mindestens 5 Personen getötet. Ein Baby von 5 Monaten starb in seinen Armen: sie konnten nichts tun, um es medizinisch zu behandeln! Er sagte mir, viele seien aus den Dörfern geflohen, um nach Bozoum zu gelangen. Diese Dörfer sind 65 bis 115 km entfernt. Und die Menschen sind zu Fuß unterwegs!
Wir fangen an uns zu organisieren. Ich informiere die Freiwilligen aus der Pfarrei und das System der Vereinten Nationen in Bangui, und am Dienstagmorgen haben wir ein erstes Treffen mit den Vertretern aus den Dörfern, aus denen die Menschen geflohen sind (Bossa, Bódalo, Kemo, Ouham Bac, Bowe, Bouassi und Bodala, alle an der Straße, die Bozoum mit dem 140 km entfernten Bossangoa verbindet). Wir erhalten Informationen und helfen ihnen dabei, sich zu organisieren und eine Liste der Flüchtlinge mit den Namen der Eltern und der Zahl der Kinder jeder Familie zu erstellen. Momentan  (aber bestimmt werden es noch mehr) sind es 331 Erwachsene und 589 Kinder, insgesamt 920 Personen.  
Am Dienstagnachmittag haben wir eine große Versammlung mit 400 Flüchtlingen. Es ist auch ein Beamter vom Koordinationsbüro  für humanitäre Angelegenheiten der UNO dabei. Die Vertriebenen schildern ihre Situation und bringen die dringendsten Nöte zum Ausdruck: Medikamente, Schlafmatten, Planen, um sich vor dem Regen zu schützen. Wir hören uns die Nöte an und notieren sie. In der Zwischenzeit wählt jedes Dorf drei Personen (darunter je eine Frau) als Vertreter und Verbindungspersonen.  
Am Mittwoch fahren wir nach Bossangoa. Auf 65 Kilometern ist alles in Ordnung. Aber ab Bossa erreicht man das betroffene Gebiet: hier sind ungefähr ein Dutzend Dörfer vollkommen leer. Es ist erschütternd! Große Dörfer mit 200-300 Häusern – und kein Mensch ist dort!
In einem Dorf nehmen wir eine Bewegung wahr. Wir halten an: Es ist eine Frau, die in panischer Angst flieht. Wir rufen, dass wir unbewaffnet sind, und schließlich kommt ungefähr ein Dutzend Menschen hervor und begrüßt uns. Dies ist das Dorf Wikamo, wo die Rebellen einen Menschen getötet und einen weiteren verletzt haben…
Am schlimmsten ist es jedoch in Ouham Bac, wo es eine Fähre gibt, auf die Menschen steigen und Motorräder und Autos geladen werden, um den Fluss zu überqueren. In diesen Fluss haben die Rebellen die Leichen der Getöteten geworfen… Die genaue Zahl ist unbekannt, aber es dürften 30-40 Personen sein, die von den Séléka-Rebellen getötet wurden…
Wir begegnen den Rebellen, als wir das Dorf verlassen. Es gibt nur eine Straße, und sie fragen mich, wohin wir fahren… Dann kommt einer, der der Anführer sein soll, aber der nichts als Arabisch spricht… Ich spreche weiterhin Sango: Wenn er es nicht versteht, kann er ja in sein Land zurückkehren! Er knurrt ein bisschen, aber dann können wir weiterfahren.
In Bossangoa, einem großes Dorf, das aber zur Hälfte von den Rebellen zerstört wurde, treffen wir einem Priester, einen Lehrer aus Ouham Bac (er hat noch immer Verletzungen am Kopf, die ihm von den Rebellen zugefügt worden sind) und die Verantwortlichen für die staatlichen Schulen. Die Situation ist sehr schwer: seit März funktionieren die Schulen nicht. Es werden zwar Prüfungen abgelegt, aber die Schüler kommen direkt aus dem Busch, wohin sie vor 5 Monaten geflohen sind, in die Klassen. Am Donnerstagmorgen ein weiteres Treffen mit den Vertretern der Dörfer, um alle Daten zu sammeln, die es uns ermöglichen werden, am Montag d. 12 August jeder Familie eine Ausweiskarte auszuhändigen und damit die Verteilung  der Hilfe und die Betreuung zu erleichtern. In dieser Woche beginnen wir mit der medizinischen Betreuung in unserer Krankenstation, und wir hoffen, dass die UNO und andere Hilfsorganisationen bald etwas tun werden.
Wenn eine Familie ihr Dorf verlässt, ist es schlimm. Aber wenn man die Felder mitten in der Regenzeit zurücklässt, wenn sie bestellt werden müssen, bedeutet es, dass man keine Hoffnung mehr hat!
Das ist der Grund, aus dem wir hier sind. Gemeinsam mit den Freiwilligen aus der Pfarrei und anderen, die die Flüchtlinge einfach aufnehmen. Hier braucht man kein Flüchtlingslager: Freunde, Bekannte, Verwandte  – alle versuchen, eine hilfreiche Hand zu reichen. Aber es ist hart! 











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