Eine schwere Woche
Ein Sonntag im August… Hier in Zentralafrika sind wir mitten in der Regenzeit, der Zeit der Feldarbeit. Viele
Familien wohnen dann auf den Feldern, um dem Anbau von Erdnüssen, Mais, Hirse, Sesam, Maniok und Reis nachzukommen
– und sie kehren nur samstags und sonntags für eine kurze Ruhepause in ihre Dörfer zurück.
Letzten
Sonntag kam nach der Messe ein Hilfskatechet aus dem Dorf Bossa und
brachte schlechte Nachrichten. Die Séléka-Rebellen waren gekommen und
hatten mindestens
5 Personen getötet. Ein Baby von 5 Monaten starb in seinen Armen: sie
konnten nichts tun, um es medizinisch zu behandeln! Er sagte mir, viele
seien aus den Dörfern geflohen, um nach Bozoum zu gelangen. Diese Dörfer
sind 65 bis 115 km entfernt. Und die Menschen
sind zu Fuß unterwegs!
Wir
fangen an uns zu organisieren. Ich informiere die Freiwilligen aus der
Pfarrei und das System der Vereinten Nationen
in Bangui, und am Dienstagmorgen haben wir ein erstes Treffen mit den
Vertretern aus den Dörfern, aus denen die Menschen geflohen sind
(Bossa, Bódalo, Kemo, Ouham Bac, Bowe, Bouassi und Bodala, alle
an der Straße, die Bozoum mit dem 140 km entfernten Bossangoa
verbindet). Wir erhalten Informationen und helfen ihnen dabei, sich zu
organisieren und eine Liste der Flüchtlinge mit den Namen
der Eltern und der Zahl der Kinder jeder Familie zu erstellen. Momentan
(aber bestimmt werden es noch mehr) sind es 331 Erwachsene und 589 Kinder, insgesamt 920 Personen.
Am Dienstagnachmittag haben wir eine große Versammlung mit 400 Flüchtlingen. Es ist auch ein Beamter vom Koordinationsbüro
für humanitäre Angelegenheiten
der UNO dabei. Die Vertriebenen schildern ihre Situation und bringen die
dringendsten Nöte zum Ausdruck: Medikamente, Schlafmatten, Planen, um
sich vor dem Regen zu schützen. Wir hören uns
die Nöte an und notieren sie. In der Zwischenzeit wählt jedes Dorf drei
Personen (darunter je eine Frau) als Vertreter und Verbindungspersonen.
Am
Mittwoch fahren wir nach Bossangoa. Auf 65 Kilometern ist alles in
Ordnung. Aber ab Bossa erreicht man das betroffene Gebiet: hier sind
ungefähr ein Dutzend
Dörfer vollkommen leer. Es ist erschütternd! Große Dörfer mit 200-300
Häusern – und kein Mensch ist dort!
In
einem Dorf nehmen wir eine Bewegung wahr. Wir halten an: Es ist eine
Frau, die in panischer Angst flieht. Wir rufen, dass wir unbewaffnet
sind, und schließlich
kommt ungefähr ein Dutzend Menschen hervor und begrüßt uns. Dies ist
das Dorf Wikamo, wo die Rebellen einen Menschen getötet und einen
weiteren verletzt haben…
Am schlimmsten ist es jedoch in Ouham Bac, wo es eine Fähre gibt,
auf die
Menschen steigen und Motorräder und Autos geladen werden, um den Fluss
zu überqueren. In diesen Fluss haben die Rebellen die Leichen der
Getöteten geworfen… Die genaue Zahl ist unbekannt, aber
es dürften 30-40 Personen sein, die von den Séléka-Rebellen getötet
wurden…
Wir
begegnen den Rebellen, als wir das Dorf verlassen. Es gibt nur eine
Straße, und sie fragen mich, wohin wir fahren… Dann kommt einer, der der
Anführer sein
soll, aber der nichts als Arabisch spricht… Ich spreche weiterhin
Sango: Wenn er es nicht versteht, kann er ja in sein Land zurückkehren!
Er knurrt ein bisschen, aber dann können wir weiterfahren.
In
Bossangoa, einem großes Dorf, das aber zur Hälfte von den Rebellen
zerstört wurde, treffen wir einem Priester, einen Lehrer aus Ouham Bac
(er hat noch immer
Verletzungen am Kopf, die ihm von den Rebellen zugefügt worden sind)
und die Verantwortlichen für die staatlichen Schulen. Die Situation ist
sehr schwer: seit März funktionieren die Schulen nicht. Es werden zwar
Prüfungen abgelegt, aber die Schüler kommen
direkt aus dem Busch, wohin sie vor 5 Monaten geflohen sind, in die
Klassen. Am Donnerstagmorgen ein weiteres Treffen mit den Vertretern der
Dörfer, um alle Daten zu sammeln, die es uns ermöglichen werden, am
Montag d. 12 August jeder Familie eine Ausweiskarte
auszuhändigen und damit die Verteilung der
Hilfe und die Betreuung zu erleichtern. In dieser Woche beginnen wir
mit der medizinischen Betreuung in unserer Krankenstation, und wir
hoffen, dass die UNO und andere Hilfsorganisationen
bald etwas tun werden.
Wenn
eine Familie ihr Dorf verlässt, ist es schlimm. Aber wenn man die
Felder mitten in der Regenzeit zurücklässt, wenn sie bestellt werden
müssen, bedeutet
es, dass man keine Hoffnung mehr hat!
Das
ist der Grund, aus dem wir hier sind. Gemeinsam mit den Freiwilligen
aus der Pfarrei und anderen, die die Flüchtlinge einfach aufnehmen. Hier
braucht man
kein Flüchtlingslager: Freunde, Bekannte, Verwandte
– alle versuchen, eine hilfreiche Hand zu reichen. Aber es ist hart!
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